ChairFlying & Mentales Training – warum auch Schüler profitieren
Ich war bereits als Kind sehr flugbegeistert und konnte es kaum erwarten, selbst einmal hinter dem Steuer eines Flugzeugs zu sitzen. Zuvor bin ich viele Male in kleinen Maschinen mit geflogen, nicht zuletzt aus dem Grunde, weil mein Vater bereits seit vielen Jahren einen Pilotenschein besitzt. Eigentlich ging ich davon aus, bereits so viel von der Fliegerei und dem Umgang mit einem Flugzeug mit bekommen zu haben, dass der Schritt es nun auch selber zu fliegen nur ein kleiner werden würde. Bei jedem Flug schaut ich genau zu und spielte als Kinde später nach, was ich an Handgriffen im Cockpit beobachtet habe. An meinem ersten Praxistag in der Flugschule schritt ich siegessicher zu der Cessna 152 und wusste bereits, egal was kommen mag, fliegen kann ich schon. Und tatsächlich staunte der Fluglehrer nicht schlecht, als dieser bemerkte, wir selbstverständlich ich das Flugzeug bediente, wie vertraut ich mit den Einstellungen war und vor allem, wie selbstsicher ich ihm entgegen trag. Doch wie sagt ein Sprichwort so schön „Hochmut kommt vor dem Fall“. Den Mut hatte ich ja bereits, der Fall sollte noch kommen. Womit ich mich bis dahin noch nie beschäftigt hatte, waren die Verfahren. Ich wusste zwar ungefähr wie eine Platzrunde aussieht, aber Vollkreis rechts und links, gleichzeitig auf die Höhe und Geschwindigkeit achten, den Kurs halten während ich außen nach Navigationshinweisen suche. Alls das habe ich nie zuvor geübt und mir auch keinerlei Gedanken zu gemacht. Die Folge war ein sehr deprimierter Flugschüler, der an sich und seinen Fähigkeiten zweifelte.
Am Abend habe ich mir Gedanken darüber gemacht, war meine flugtechnische Handhabung und das Fliegen von bestimmten Verfahren unterschied. Das Ergebnis brachte mich auf eine ganz neue Idee. Ehrlicherweise ist diese Idee im Grundsatz nicht neu, sondern wurde und wird von vielen Piloten bereits sehr intensiv und erfolgreich genutzt. In der militärischen Luftfahrt ist es unter dem Begriff „Chairflying“ bekannt, andere Bereiche, auch außerhalb der Luftfahrt, nennen es schlichtweg Mentaltraining. Das sensationelle dabei ist, dass es funktioniert und dich zu ungeahnter Performance bringt.
Wie funktioniert Mentaltraining nun?
Nimm dir eine Situation, ein Verfahren, was du gerne trainieren möchtest. Zum Beispiel ein Anflugverfahren oder ein Notverfahren. Bereite dieses nun in der Theorie auf, dass du genau weißt, wie dieses Verfahren durchzuführen ist. Nun nimmst du einen bequemen Stuhl, Sessel oder Sofa und gehst dieses Verfahren Stück für Stück mit geschlossenen Augen durch. Versuche dich wie in einem Traum in die Situation hinein zu versetzen, frage dich dabei, was du siehst, was du denkst, was du fühlst und arbeite deine Checkliste oder dein verfahren gedanklich ab. Diesen Prozess wiederholst du nun immer wieder. Notiere dir, wo du Schwächen hast, wo wirst du aus deinen Gedanken abgelenkt, wo empfindest du Schwierigkeiten? Steige dann dort erneut ein und gehe diesen Pfad weiter. Praktischerweise kannst du dies überall wo du bist anwenden. Ich selbst habe oft vor dem schlafen solche Trainings durchgeführt.
Manche trainieren sogar physisch, indem sie sich beispielsweise eine Platzrunde mit Kreide auf dem Boden aufmalen und die einzelnen Phasen der Platzrunde abarbeiten, während sie diese physisch ablaufen. Wann mache ich welchen Schritt im Flugzeug, was Funke ich, was folgt als nächstes.
Auf diese Weise werden die im Gehirn gespeicherten Informationen zunehmend gebahnt und verstärken ihre Ausprägung. Der Erfolg liegt auf der Hand. Kommst du nun in Realität in die so trainierte Situation, weiß dein Gehirn bereits genau, welche Schritte vollzogen werden sollen. Zusätzliche Ressourcen werden somit frei gehalten und deine Handlungskompetenz erheblich gesteigert.
Ich empfehle es, diese Trainings insbesondere bei Notverfahren immer wieder einmal durchzuführen, denn gerade in diesen Ereignissen sind möglichst viele freie Ressourcen überlebenswichtig.
Gerade als Flugschüler sind wir ständig neuen Eindrücken und Erlebnissen ausgesetzt. Auf verschiedene Verfahren vorbereitet zu sein hilft erheblich, sich in dem tatsächlichen Erleben zurecht zu finden. Du lernst schneller und effizienter, das Wichtigste ist aber, dass du vor allen Dingen sicherer fliegst.
Kurztipp
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Suche Dir zu trainierende Inhalte und Verfahren aus
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Bereite sie übersichtlich auf
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Nimm dir eine ruhige und bequeme Position ein
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Gehe die einzelnen Phasen Stück für Stück durch
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Wiederhole das Training so mehrmals hintereinander
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Sage die einzelnen Punkte laut auf