Unfälle und Vorfälle – Deshalb müssen wir reden

 

Wenn die Luftfahrt eines aus den düsteren 70er Jahren gelernt hat, dann dass ein Fehler der zu einem Zwischenfall oder sogar zu einer Katastrophe geführt hat nur ein einziges Mal passieren darf. Bei jedem Unfall oder Ereignis wird aus diesem Grunde eine sehr genaue Untersuchung ausgelöst, bis der wirkliche Aspekt oder die Aspekte gefunden wurden, die zu diesem Zwischenfall geführt haben. Das Besondere hierbei ist nicht nur die Zusammenarbeit der verschiedenen Unfallermittlern, Flugzeugherstellern und weiteren Experten, sondern auch, dass die Ergebnisse der Öffentlichkeit explizit zugängig gemacht werden. Der Grund hierfür ist in erster Linie das Besondere an der Art und Weise, wie die Luftfahrt mit Fehlern umgeht: „Alle sollen aus diesen Fehlern lernen können“. Je mehr sich mit diesen beschäftigt wird, desto mehr wird die Sicherheit aller Beteiligten erhöht und Maßnahmen ergriffen, dass dieser Fehler nicht erneut passieren kann.

Grundsätzlich ist das Beschäftigen mit Fehlern und Unfällen der wichtigste Baustein in der Flugsicherheit. Edwards und Hawkins haben hierfür eigens ein Model entwickelt, welches als SHELL Modell bekannt geworden ist. Die Buchstaben bilden ein Acronym, bei welchem in der Mitte das eine L für liveware central, also Du selbst steht. Du bist also umgeben von Bedingungen und Voraussetzungen, die Dein Handeln beeinflussen können und welche sich vor allem auch gegenseitig beeinflussen. So interagiert beispielsweise E-Enviroment mit H-Hardware in dem Sinne, dass bei bestimmten Temperaturen Einschränkungen auftreten können, wie zum Beispiel Vereisung oder zu hohe Temperaturen beeinflussen die Leistung eines Triebwerks usw.. Dieses Modell verdeutlicht bildhaft, dass mehrere Komponenten untereinander in Beziehung stehen und für sich und andere zu Problemen führen können. Deine Aufgabe sollte nun sein, vor einem Flug dich damit zu beschäftigen, was möglicherweise auftreten kann und welche weiteren Auswirkungen dies mit sich bringen könnte. Eine solche Überlegung beginnt bereits mit der Kontrolle „Habe ich mein GPS auf dem aktuellsten Stand gebracht“, in diesem Falle also S-Software. Software kann aber auch für aktuelles physisches Kartenmaterial oder einer Checkliste stehen. Wenn du dir dieses Modell immer wieder einmal vor Augen führst und überlegst, was könnte meinen Flug und mein Flugzeug unter den aktuellen Gegebenheiten beeinflussen,  wirst Du viele Probleme und Entwicklungen voraussagen können.

Sollte dennoch ein Problem auftreten, so gilt es aber dennoch, sich mit diesem zu beschäftigen. Warum ist dies aufgetreten, was hat dazu geführt und was hätte es verhindert. Es geht hier nicht darum einen Schuldigen ausfindig zu machen, sondern vielmehr darum, die Fehlerursache zu ergründen und hieraus zu lernen. Stelle dir dann die Frage, ob es ein aktiver Fehler gewesen ist, der dir aus Unachtsamkeit oder Unwissenheit passiert ist, hast du dich und dein Können vielleicht sogar überschätzt? Oder war es ein latenter Fehler, der schon lange in deinem System lauert und nur darauf gewartet hat, endlich ans Tageslicht zu gelangen.  Letzteres sind diese Fehler, über die wir im Nachhinein hören „das war ja klar, dass da irgendwann passiert“. Doch hätten andere darüber vielleicht vorher schon berichtet, könnten gravierende Probleme in diesem Zusammenhang gar nicht erst entstehen.

Sobald du dich damit aktiv beschäftigst und dir diese Fragen stellst und Fehler oder Zwischenfälle danach analysierst, wirst du sofort merken, wie du deine Handlungssicherheit entwickelst. Noch schneller wirst du auf deiner Karriereleiter, wenn du nicht nur deine eigenen Fehler betrachtest, sondern auch diejenigen von anderen. Auch wenn sich das auf den ersten Blick etwas seltsam anhören mag, stelle ich gerne die Frage: „Warum sollte ich einen Fehler selbst machen, den andere schon vor mir demonstriert haben?“. Hierfür gibt es eine ganze Menge an Möglichkeiten, Unfälle und Zwischenfälle aufzuarbeiten. So werden auf der Website der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung (BFU) sämtliche Berichte online gestellt. Ein praktisches und lesenswertes Buch ist in diesem Bereich ebenfalls das Buch „Akte Flugunfall: Pilotenfehler und ihre Folgen“ von Thomas Borchert.

Kurztipp

  • Suche Dir zu trainierende Inhalte und Verfahren aus

  • Bereite sie übersichtlich auf

  • Nimm dir eine ruhige und bequeme Position ein

  • Gehe die einzelnen Phasen Stück für Stück durch

  •  Wiederhole das Training so mehrmals hintereinander

  • Sage die einzelnen Punkte laut auf